Montag, 27. Oktober 2014

Sie sagen „Du“ zum unsichtbaren Gott

Die Geschichte der Juden mit Gott ist so intensiv wie die zwischen ganz nahestehenden Menschen, Familiengliedern, Liebespartnern, Ehegatten, engen Freundinnen und Freunden. Juden sind lebenslang mit diesem Gott verbunden, genau so, wie das Volk Israel in seiner ganzen Geschichte. Dabei könnte der Unterschied zwischen beiden nicht größer sein: hier der sterbliche Mensch, dort der ewige Gott. Wie ist das möglich, dass Menschen auf den Gedanken kommen, ein Wesen, das niemand je gesehen hat, das also auch nicht als konkrete Gestalt definiert werden kann, mit „Du“ anzusprechen? Die Antwort finden wir in der in der hebräischen Bibel, in der „Heiligen Schrift“ der Juden. Gott selbst ist auf sie zugekommen, hat sie zuerst angesprochen, als Gesprächspartner erwählt. Sie haben ihn als göttliches Gegenüber so intensiv erfahren, dass sie gar nicht mehr anders konnten, als ihm zu antworten. Er ist den Juden so nahe, dass sie es gewagt haben, „Du“ zu ihm zu sagen. Wie das geschehen ist, wird in vielen Erzählungen überliefert, die mit Abraham beginnen. Sie wurden mündlich weitergegeben von Generation zu Generation und schließlich schriftlich fixiert. Christen und Muslime haben es von den Juden übernommen, Gott im Gebet anzurufen und „Du“ zu ihm zu sagen.

Wenn wir von Gott reden, machen wir ihn zum Objekt unserer Rede, unserer Philosophie, unserer Theologie. Es bleibt offen, was wir eigentlich mit dem Wort GOTT meinen. Wie könenn sagen, Gott sei Geist, das letzte Geheimnis, der Sinn aller Dinge, der Vater im Himmel, oder auch, er sei ein Ungeheuer, ein Drache, der Teufel in Person, oder auch, es gebe ihn gar nicht, er sei tot, er sei ein Produkt unserer Phantasie, er sei ein Superdogma und so weiter.. Das is etwas ganz anderes als das Gebet zu Gott als unserem entscheidenden Gegenüber, es sei ein Gebet voll Vertrauen,  Dank Angst oder Verzweiflung  Wie kommen wir dazu, so zu beten? Wir haben das Beten zu Gott von den Juden übernommen. Viele solcher Gebete stehen wörtlich in unseren Gesangbüchern. .