Donnerstag, 30. Oktober 2014

Der Gott Israels sagt, was er von den Menschen will.

Die Nähe des Gottes Israels zu seinem Volk bewirkt, dass die Juden wagen, ihn mit „Du“ anzureden. Damit wird aber die Distanz zwischen Gott und den sterblichen Menschen nicht aufgehoben. Gott bleibt der HERR (so die Übersetzung Luthers für die Buchstaben JHWH des Gottesnamens). Er sagt, was recht ist, was die Menschen tun sollen. Das Wort Gottes, die Gebote, Weisungen, Satzungen, Zeugnisse, oder wie immer der Wille Gottes ausgedrückt wird, spielen im jüdischen Denken eine entscheidende Rolle. Seine Gebote ergehen zunächst an sein Volk als Wegweiser zum Leben, aber alle Völker werden nur den Weg zum Leben finden, wenn sie den Willen Gottes tun. Umgekehrt: nicht nur die anderen Völker werden das Leben verfehlen, wenn sie Gottes Willen nicht tun. Das gilt genau so für Israel selbst. Die hebräischen Schriften enthalten viele vernichtende Urteile über die anderen Völker, nicht weniger über Israel selbst, wenn es von Gott abfällt und die Götzen anbetet, d.h. wenn es seinen eigenen Willen ohne Gott oder gegen Gott durchsetzen will. Alles hilft nichts, Gottesdienst, Opfer, frommes Beten, herrliche Gesänge, herrliche Gewänder, große Titel, wenn Juden und Nichtjuden nicht das tun, was recht ist. Was recht ist, sagt Gott den Menschen.

Montag, 27. Oktober 2014

Sie sagen „Du“ zum unsichtbaren Gott

Die Geschichte der Juden mit Gott ist so intensiv wie die zwischen ganz nahestehenden Menschen, Familiengliedern, Liebespartnern, Ehegatten, engen Freundinnen und Freunden. Juden sind lebenslang mit diesem Gott verbunden, genau so, wie das Volk Israel in seiner ganzen Geschichte. Dabei könnte der Unterschied zwischen beiden nicht größer sein: hier der sterbliche Mensch, dort der ewige Gott. Wie ist das möglich, dass Menschen auf den Gedanken kommen, ein Wesen, das niemand je gesehen hat, das also auch nicht als konkrete Gestalt definiert werden kann, mit „Du“ anzusprechen? Die Antwort finden wir in der in der hebräischen Bibel, in der „Heiligen Schrift“ der Juden. Gott selbst ist auf sie zugekommen, hat sie zuerst angesprochen, als Gesprächspartner erwählt. Sie haben ihn als göttliches Gegenüber so intensiv erfahren, dass sie gar nicht mehr anders konnten, als ihm zu antworten. Er ist den Juden so nahe, dass sie es gewagt haben, „Du“ zu ihm zu sagen. Wie das geschehen ist, wird in vielen Erzählungen überliefert, die mit Abraham beginnen. Sie wurden mündlich weitergegeben von Generation zu Generation und schließlich schriftlich fixiert. Christen und Muslime haben es von den Juden übernommen, Gott im Gebet anzurufen und „Du“ zu ihm zu sagen.

Wenn wir von Gott reden, machen wir ihn zum Objekt unserer Rede, unserer Philosophie, unserer Theologie. Es bleibt offen, was wir eigentlich mit dem Wort GOTT meinen. Wie könenn sagen, Gott sei Geist, das letzte Geheimnis, der Sinn aller Dinge, der Vater im Himmel, oder auch, er sei ein Ungeheuer, ein Drache, der Teufel in Person, oder auch, es gebe ihn gar nicht, er sei tot, er sei ein Produkt unserer Phantasie, er sei ein Superdogma und so weiter.. Das is etwas ganz anderes als das Gebet zu Gott als unserem entscheidenden Gegenüber, es sei ein Gebet voll Vertrauen,  Dank Angst oder Verzweiflung  Wie kommen wir dazu, so zu beten? Wir haben das Beten zu Gott von den Juden übernommen. Viele solcher Gebete stehen wörtlich in unseren Gesangbüchern. . 
 

Donnerstag, 23. Oktober 2014

Eine Geschichte mit Gott

Möge die Rede von einem Gott über allen Göttern von Pharao Echnaton aus dem alten Ägypten stammen, von keinem Volk gibt es seit seiner Entstehung vor über dreitausend Jahren eine ausführliche schriftliche Überlieferung, in der die Geschichte dieses Volkes so untrennbar mit „Gott“ verbunden ist. Es geht in den alttestamentlichen Texten nicht um religiöse oder philosophische Theorien des „Monotheismus“, von dem man heute spricht, um die drei „monotheistischen Religionen zu kennzeichnen. Es geht um das Auf und Ab in der Geschichte eines Volkes, in dem „Gott“ immer gegenwärtig ist. „Gott“ wird von dem Volk Israel existentiell erfahren. Auf die Frage Moses nach seinem Namen hört er: „ich bin da, ich bin, der ich bin, ich bin, der ich sein werde.“ Das ist der Sinn der vier Buchstaben JHWH. (2. Mose 3,14). Gott ist da. Er ist nicht mehr wegzudenken. Im Alten Testament ist kein Israelit bekennender Atheist.

Mittwoch, 22. Oktober 2014

Wurzel zweier Weltreligionen

Was würde ich antworten, wenn ich als alter Pfarrer i. R. von einem jungen Menschen gefragt würde, was es eigentlich mit den Juden auf sich hat, von denen immer so viel die Rede ist? Ich kann ihm keine Predigt und keinen wissenschaftlichen Vortrag halten, ich sage ihm, was mir heute am wichtigsten erscheint: Die Muslime sagen, dass sie von Abraham herkommen. Sie gehören zu seinen Nachkommen Bei den Christen ist es schwieriger. Sie gehören nicht zu seinen Nachkommen, aber sie sagen, dass sie ihren Glauben an Gott von Abraham übernommen haben. Im Bild kann man sagen: Die Juden, ein kleines Völklein, sind die Wurzel der beiden größten Weltreligionen, die über die Hälfte der Menschheit umfassen, die Christen und die Muslime.